Die Geschichte der Welfen.
Die Fürstenfamilie im Schloss Herzberg erleben – Einblicke in eine bewegte Dynastie.
Die Gemälde im Schloss Herzberg erzählen von den bewegten Lebenswegen bedeutender Persönlichkeiten des Welfenhauses, das über Jahrhunderte hinweg die Geschicke Norddeutschlands prägte. Wer die Fürstenfamilie im Schloss Herzberg erleben möchte, taucht in eine faszinierende Welt der Geschichte ein: In den prachtvollen Räumen begegnet man den eindrucksvollen Porträts von Herzog Georg von Calenberg und seiner Gemahlin Anna Eleonore von Hessen-Darmstadt – einem der einflussreichsten Fürstenpaare des 17. Jahrhunderts. Sie machten Schloss Herzberg zu ihrem Herrschaftssitz und verwandelten es in ein Zentrum höfischen Lebens und politischer Entscheidungen.
Auch Christian Ludwig von Braunschweig-Lüneburg und seine Frau Dorothea von Schleswig-Holstein-Sonderburg-Glücksburg sind in den Gemälden verewigt. Ihre Ehe verband das Welfenhaus eng mit dem dänischen Hochadel und hatte weitreichende dynastische Folgen. Ein weiteres bemerkenswertes Porträt zeigt Ernst August und Sophie von der Pfalz, deren Nachkomme Georg Ludwig schließlich als Georg I. den britischen Thron bestiegen und die Personalunion des Hauses Hannover mit dem Königreich Großbrittanien begründeten.
Die kunstvollen Darstellungen im Schloss Herzberg sind mehr als bloße Gemälde – sie sind Zeitzeugen, die die politische, gesellschaftliche und kulturelle Entwicklung Europas widerspiegeln. Besucher können die faszinierenden Lebensgeschichten dieser Fürstenfamilien nachverfolgen und die historische Bedeutung des Schlosses hautnah erleben.
Regentschaften
Nach dem Tod Herzog Georgs von Calenberg regeln die vier Herzberger Brüder in verschiedenen Verträgen die Regentschaft im Fürstentum Braunschweig-Lüneburg, halten sich aber nicht immer an die Absprachen. Die voneinander abweichenden Machtansprüche werden aber immer friedlich geregelt.
Gemälde im Schloss Herzberg
Die Gemälde im Schloss Herzberg sind in einem Pultbuch, das im Rittersaal ausliegt, zusammengefasst und kurz beschrieben. Das Pultbuch kann an der Museumskasse in Form einer Broschüre gekauft werden.
Weitere spannende Informationen zur Geschichte und Gegenwart des Welfenhauses finden Sie auf der offiziellen Website der Welfen.
Georg von Calenberg und Anna Eleonore – Ein Fürstenpaar auf Schloss Herzberg
Im 17. Jahrhundert war Schloss Herzberg nicht nur ein strategisch bedeutsamer Herrschaftssitz im Harz, sondern auch Wohnort eines der einflussreichsten Fürstenpaare Norddeutschlands: Herzog Georg von Calenberg (1582–1641) und seine Gemahlin Anna Eleonore von Hessen-Darmstadt (1601–1659).
Georg, Mitglied des Hauses Braunschweig-Lüneburg, war ein erfahrener Militär und Regent in einer Zeit tiefgreifender Umbrüche. Während des Dreißigjährigen Krieges nutzte er das Schloss als Rückzugsort und Verwaltungszentrum. Seine Ehe mit Anna Eleonore war nicht nur dynastisch bedeutsam, sondern auch von gegenseitigem Respekt geprägt. Nach seinem Tod übernahm Anna Eleonore die Vormundschaft für ihren Sohn Christian Ludwig – eine bemerkenswerte Rolle für eine Fürstin ihrer Zeit.
Unter dem Einfluss des Paares wurde Schloss Herzberg zu einem Zentrum höfischen Lebens, aber auch zu einem Ort kluger politischer Entscheidungen, die oft von Anna Eleonore mit geprägt waren. Die Geschichte dieses Fürstenpaares spiegelt sich noch heute in der Atmosphäre des Schlosses wider – in seinen Räumen, Gängen und Geschichten.
Zeitleiste: Schloss Herzberg zur Zeit Georgs von Calenberg
1617 – Georg bekommt das Fürstentum Grubenhagen als Apanage übertragen und verlegt seinen Wohnsitz nach Schloss Herzberg.
1617 bis 1635 – Schloss Herzberg dient dem Herzogspaar Georg und Anna Eleonore als Residenz. In dieser Zeit wird das Schloss auch als Verwaltungssitz genutzt. Hier wurden die acht Kinder des Paares, vier Jungen (auch oft als die „Herzberger Brüder“ benannt) und vier Mädchen geboren, wobei nur Anna Amalie, die spätere dänische Königin, überlebte.
1635 – Georg bekommt das Fürstentum Calenberg übertragen und verlegt seinen Sitz nach Hannover.
1641 – Tod von Georg von Calenberg. Christian Ludwig tritt die Erbfolge an und Anna Eleonore übernimmt die Vormundschaft für den minderjährigen Thronfolger.
1642 – Christian Ludwig schließt einen Sonderfrieden mit dem Kaiser und tritt damit aus dem 30jährigen Krieg aus.
Christian Ludwig und Dorothea – Verbindung von Welfenhaus und dänischem Adel
Mit Christian Ludwig von Braunschweig-Lüneburg (1622–1665) betrat ein Fürst die Bühne, dessen Lebensweg oft sehr widersprüchlich war. Als ältester Sohn von Georg von Calenberg und Anna Eleonore war er minderjähriger Erbe in einer unruhigen Zeit – geprägt von Krieg, Machtverschiebungen und dynastischem Wandel.
Er übernahm 1641 zunächst die Regentschaft in Calenberg, später in Lüneburg. Seine Heirat mit Dorothea von Schleswig-Holstein-Sonderburg-Glücksburg (1636–1689) im Jahr 1653 galt als eine standesgemäße Verbindung und wurde in Celle üppig gefeiert. Die Ehe mit dem jähzornigen und trinkfreudigen Welfenherzog blieb kinderlos.
Dorothea wurde nachgesagt, ihr vortreffliches Betragen gegenüber ihrem Gemahl habe allgemeine Bewunderung erregt und auch den Großen Kurfürsten Friedrich Wilhelm von Brandenburg auf sie aufmerksam gemacht.
Christian Ludwig verstarb bereits 1665 im Alter von 42 Jahren. Dorothea wählte Schloss Herzberg als Witwensitz und heiratete 1668 in zweiter Ehe Friedrich Wilhelm von Brandenburg. So reicht die Geschichte dieses Fürstenpaares weit über Schloss Herzberg hinaus – hinein in die großen politischen Zusammenhänge Europas.
Zeitleiste: Christian Ludwig und Dorothea
1622 – Geburt Christian Ludwigs auf Schloss Herzberg.
1641 – Nach dem Tod Georgs von Calenberg wird Christian Ludwig unter der Vormundschaft seiner Mutter Anna Eleonore auf seine künftige Rolle vorbereitet.
1648 – Christian Ludwig übernimmt das Fürstentum Lüneburg, sein Bruder Georg Wilhelm tritt seine Nachfolge in Hannover an
1653 – Heirat mit Dorothea von Schleswig-Holstein-Sonderburg-Glücksburg.
1665 – Tod Christian Ludwigs
1689 – Tod Dorotheas
Georg Wilhelm – der „letzte Heideherzog“
Als zweitältester Sohn des Herzogs Georg regierte Georg Wilhelm erst von Hannover aus das Fürstentum Calenberg und nach dem Tod seines ältesten Bruders Christian Ludwig ab 1665 von Celle aus das Fürstentum Lüneburg.
Georg Wilhelm hatte sich 1656 mit Sophie von der Pfalz verlobt, löste später aber die Verlobung und sein Bruder Ernst August sprang als Ehrenretter ein. Dieses Ereignis ging als „Brauttausch“ in die Geschichte ein.
Entgegen seinem Versprechen gegenüber seinem Bruder Ernst August, nicht zu heiraten, heiratete er 1676 die Hugenottin Eleonore d’Olbreuse, mit der er zu dem Zeitpunkt die zehnjährige Tochter Sophie Dorothea hatte.
Seine repäsentative Hofhaltung in Celle übertraf noch die seine Bruders und Vorgängers Christian Ludwig. Umbau und Ausbau des Celler Schlosses zu einer eindruckvollen Barockresidenz wurde sein wesentliches Element höfischer Repräsentation.
1666 wurde die Tochter Sophie Dorothea geboren, die 1682 den Sohn von Ernst August und Sophie, Georg Wilhelm, den späteren britischen König Georg I heiratete, eine „Vertragsehe“, um die Erbfolge zu Gunsten des Hauses Hannover zu sichern.
Zeitleiste: Georg Wilhelm
1624 – In Herzberg geboren
1648 – Übernahme der Regentschaft in Calenberg von Christian Ludwig, der nach Celle wechselte
1663 – Georg Wilhelm hat ein nicht standesgemäßes „Verhältnis“ mit der Hugenottin Eleonore d’Obreuse
1665 – Es kommt zum Erbstreit um die Regentschaft im Fürstentum Lüneburg zwischen Georg Wilhelm und Johann Friedrich, Georg Wilhelm geht nach Celle
1666 – Die Tochter Sophie Dorothea, spätere Gattin von Georg Ludwig (später Georg I. von Großbrittanien) wird geboren, bekannt als „Prinzessin von Ahlden“
1676 – Ehe zwischen Georg Wilhelm und Eleonore d’Olbreuse
1682 – „Vertragsehe“ zwischen Georg Ludwig und Sophie Dorothea sichert dem Hause Hannover die Erbfolge im Fürstentum Lüneburg
1705 – Georg Wilhelm verstirbt, das Fürstentum Lüneburg geht an Hannover über
Johann Friedrich – Ein Herzog zwischen Krieg, Kunst und Glaubensfragen
Johann Friedrich von Braunschweig-Lüneburg (1625–1679) war dritter der vier Herzberger Brüder. Geboren während des Dreißigjährigen Krieges, wuchs er gemeinsam mit seinen Brüdern auf Schloss Herzberg auf. Dieses blieb für ihn ein prägender Ort seiner Jugend und seines Selbstverständnisses als welfischer Fürst.
Nach dem Tod seines Bruders Christian Ludwig im Jahr 1665 wurde Johann Friedrich zum Herzog von Braunschweig-Calenberg, residierte aber vor allem in Hannover. Unter seiner Herrschaft ließ er Schloss Herrenhausen weiter ausbauen, Schloss Herzberg blieb jedoch als Teil der welfischen Residenzlandschaft unter seiner Verwaltung. Hier fanden Verwaltung, Jagdaufenthalte und familiäre Zusammenkünfte statt.
Johann Friedrich war ein vielseitig interessierter Fürst: Er förderte Kunst und Musik, war dem Barock verpflichtet und pflegte eine aufgeschlossene Haltung gegenüber Wissenschaft und Kultur. Er konvertierte von der Lutherischen Lehre in den katholischen Glauben und löste damit heftige Wirren und einen Sturm der Entrüstung in der Welfenfamilie aus.
Ein besonderes Augenmerk legte er auf die Verwaltung und rechtliche Ordnung seines Territoriums. In seine Regierungszeit fällt eine Phase der Stabilisierung nach den Wirren des Dreißigjährigen Krieges. Auch Schloss Herzberg profitierte von dieser Entwicklung: Die Anlage wurde instand gehalten und für den Aufenthalt des Hofes genutzt.
Johann Friedrich von Braunschweig-Calenberg heiratete 1668 Benedicta Henriette von der Pfalz-Simmern. Ihre vierte Tochter, Wilhelmine Amalie, heiratete 1699 Joseph von Habsburg, den späteren Kaiser Joseph I.
Zeitleiste: Johann Friedrich von Braunschweig-Calenberg
1625 – Geburt Johann Friedrichs auf Schloss Herzberg als jüngster Sohn Georgs von Calenberg und Anna Eleonores.
1665 – Nach dem Tod Christian Ludwigs wird Johann Friedrich Herzog von Calenberg.
1660er/1670er – Ausbau Hannovers zur Residenzstadt; Schloss Herzberg bleibt im Besitz und wird gelegentlich genutzt.
1679 – Tod Johann Friedrichs in Augsburg auf der Rückreise vom Reichstag; sein Bruder Ernst August wird Nachfolger.
Sophie Amalie – die dänische Königin
Sophie Amalie war das siebte von acht Kindern und die einzige Tochter Herzog Georgs und seiner Frau Anna Eleonore. 1643, im Alter von 15 Jahren wurde sie mit dem dritten Sohn von König Christian IV. von Dänemark und Norwegen verheiratet. Aus der Ehe gingen acht Kinder hervor.
Nach dem Vorbild ihrer Mutter nahm auch sie starken Einfluss auf die Politik ihres Mannes, König Friedrich III. von Dänemark, eine absolutistische Herrschaft.
Nach dem Tod ihres Mannes lebte sie auf dem Lustschloss Amalienborg, das sie erbauen ließ und wo sie 1685 verstarb. Das heutige dänische Königsschloss in Kopenhagen ist ein Nachfolgebau.
Zeitleiste: Sophie Amalie
1628 – Auf Schloss Herzberg als siebtes Kind von Anna Eleonore und Georg von Calenberg geboren
1643 – Sie wird mit dem Sohn des Königs Christian IV. von Dänemark, dem späteren König Friedrich III. verheiratet
1669 bis 1673 – Schloss Amalienburg wird errichtet, 1689 durch einen verheerenden Brand vernichtet
Ernst August und Sophie – Der Weg zur Kurwürde und zur britischen Krone
Ernst August von Braunschweig-Lüneburg (1629–1698), der Jüngste der Herzberger Brüder wuchs im Spannungsfeld zwischen protestantischem Adel und kaiserlicher Macht auf. Seine Jugend verbrachte er teilweise auf Schloss Herzberg, das zu jener Zeit ein wichtiger welfischer Wohnsitz war.
Im Jahr 1658 heiratete er Sophie von der Pfalz (1630–1714), die Enkelin des englischen Königs Jakob I. und Tochter des sogenannten „Winterkönigs“ Friedrich V. von Böhmen. Diese Verbindung war nicht nur eine prestigeträchtige Heirat, sondern auch ein dynastisches Meisterstück: Sophie brachte den Anspruch auf den englischen Thron in die Familie ein – und damit einen Grundstein für den späteren Aufstieg des Hauses Hannover.
Als Herzog von Calenberg ließ sich Ernst August bald in Hannover nieder, doch Schloss Herzberg als Witwensitz seiner Mutter blieb ein Bezugspunkt in der Geschichte der Familie. Als 1679 sein Bruder Johann Friedrich ohne erbberechtigte Nachkommen starb, übernahm Ernst August das Fürstentum Hannover. 1692 wurde er von Kaiser Leopold I. zum Kurfürsten des Heiligen Römischen Reichs erhoben – ein historischer Schritt, der Hannover in den Rang einer europäischen Großmacht führte.
Sophie war eine außergewöhnliche Fürstin: intelligent, gebildet, sprachgewandt. Ihre Korrespondenzen mit dem Philosophen Leibniz zeugen von ihrer geistigen Tiefe. Sie förderte Kunst und Wissenschaft, war religiös tolerant und politisch klug. In ihrem Sohn Georg Ludwig, geboren 1660, bündelten sich die Hoffnungen einer neuen welfischen Zukunft.
1714 bestieg Georg Ludwig als Georg I. den britischen Thron – und begründete damit das Haus Hannover als Herrscherdynastie Großbritanniens. Sophie selbst starb nur wenige Wochen vor der Krönung ihres Sohnes.
Zeitleiste: Ernst August und Sophie
1629/1630 – Geburt von Ernst August und Sophie, beide aus bedeutenden Adelslinien.
1658 – Heirat von Ernst August und Sophie von der Pfalz.
1660er/1670er – Aufenthalte auf verschiedenen Welfenschlössern, darunter zeitweise auch Schloss Herzberg.
1679 – Ernst August wird Regent im Fürstentum Hannover; Hannover wird sein Hauptsitz.
1692 – Kaiser Leopold I. erhebt Ernst August zum Kurfürsten – der Aufstieg Hannovers beginnt.
1714 – Ihr Sohn Georg wird König von Großbritannien.
1685 – Sophie Amalie verstirbt auf Schloss Amalienburg